Abstract

Zusammenfassung. Kinder nehmen oft automatisch ihre Finger zu Hilfe, um zu zählen und zu rechnen. Zudem scheint es so, dass Kinder, die ihre eigenen Finger bei geschlossenen Augen besser unterscheiden und benennen können (= Fingergnosie) auch bessere Rechner sind. Das Ziel dieser Studie war es, den Zusammenhang zwischen Fingergnosie und Rechenleistung sowie Zahlenraumvorstellung bei Kindern mit und ohne unterdurchschnittliche Rechenleistungen zu untersuchen. Dazu wurden 53 unterdurchschnittliche und 62 durchschnittliche Rechner im Alter von 7 bis 11 Jahren getestet. Die Fingergnosie wurde mittels eines neu entwickelten Verfahrens erfasst. Über die klassische quantitative Methode der Fingergnosietestung (Fingergnosie-Anzahl) hinaus, wurde ein qualitatives Distanzmaß (Fingergnosie-Distanz) eingeführt. Diese beiden Maße wurden anschließend in Relation zu Variablen der Rechenleistung und Zahlenraumvorstellung gesetzt. Die Ergebnisse zeigten, dass die qualitative Bestimmung der Fingergnosie das sensiblere Maß darstellt, was wahrscheinlich auf den erhöhten Schwierigkeitsgrad zurückzuführen ist. Es fanden sich allerdings lediglich Zusammenhänge der Fingergnosie-Distanz mit dem Erfassen von Punktmengen < 10 und der visuell-räumlichen Aufmerksamkeitsspanne. Keines der beiden Fingergnosiemaße wies signifikante Zusammenhänge zur Bearbeitung von Rechen- und Zahlenstrahlaufgaben sowie den Intelligenzmaßen und der Lese- und Rechtschreibleistung auf. Darüber hinaus unterschieden sich unterdurchschnittliche und durchschnittliche Rechner in keinem der Fingergnosiemaße. Demnach scheint bei Kindern im Alter zwischen 7 und 11 Jahren lediglich ein Zusammenhang zwischen der Fingergnosie und ganz basalen entwicklungspsychologisch frühen Zahlenverarbeitungsfähigkeiten zu bestehen, während keine Belege für eine Bedeutung der Fingergnosie für später erworbene höhere Rechenfertigkeiten gefunden wurden.

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