Kinder mit Dyskalkulie fokussieren spontan weniger auf Anzahligkeit
Wie stark wir spontan auf Anzahligkeit in unserer Umgebung achten wird als SFON (Spontaneous Focussing On Numerosity) bezeichnet. Frühere Studien haben gezeigt, dass ein Kind, das stärkere SFON-Tendenz zeigt, bessere Zählfertigkeiten und mathematische Leistungen erbringt. SFON scheint sich stabil und kontinuierlich zu entwickeln und kann als Prädiktor für die zukünftige Rechenleistung genutzt werden. Es wird dementsprechend als ein stabiles und sensibles Maß für die numerische Entwicklung beschrieben. Bei Kindern mit Dyskalkulie scheint die Entwicklung der Zahlenverarbeitung und des Rechnens spezifisch gestört. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Untersuchung der SFON-Tendenz bei Kindern mit einer entwicklungsbedingten Dyskalkulie. Wir haben SFON bei 76 Kindern zwischen 7 und 11 Jahren getestet, 38 Kinder mit und 38 ohne Dyskalkulie. Die beiden Gruppen zeigten vergleichbare allgemeine kognitive Fähigkeiten, unterschieden sich aber spezifisch in den mathematischen Leistungen. Die Ergebnisse zeigen eine signifikant schwächere SFON-Tendenz bei Kindern mit Dyskalkulie, das heißt, Kinder mit Dyskalkulie fokussieren im Vergleich zu Kontrollkindern spontan weniger häufig auf Anzahligkeit. Zudem korreliert SFON positiv mit der Zahlenverarbeitungs- und Rechenleistung. Das heißt, Kinder mit schlechteren mathematischen Fertigkeiten achten spontan weniger auf numerische Aspekte. Die Ergebnisse zeigen, dass eine verminderte SFON-Tendenz ein Verhaltensmerkmal für Entwicklungsdyskalkulie zu sein scheint. Dies kann sowohl Ursache als auch Folge der Störung von Zähl- und Rechenfertigkeiten sein. Es empfiehlt sich daher, SFON bei Kindern mit einem Dyskalkulierisiko zu erfassen sowie Förderung und Lernumgebung in Hinblick auf Anzahlfokussierung anzureichern.
2012
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